Chatbots können doch nicht alles
Mittwoch, 28. Februar 2018Noch vor zwei Jahren galten Chatbots als die Marketing-Tools der Zukunft: die kleinen Programme sollten zunächst textbasiert und bald auch sprachlich mit Websitekunden kommunizieren, Auskünfte geben, Bestellungen annehmen und Serviceleitungen erledigen. Damit könnten sie in vielen Branchen wie im Reisegewerbe, Banken, bei Online Shops oder bei Dienstleistungsservices menschliche Telefon- und Maildienste ersetzen und wesentliche Teile des Vertriebs automatisieren.
Vielversprechender Markt für E-Commerce und Kundenbetreuung
Etwa 34.000 Chatbots gibt es mittlerweile alleine im Facebook-Messenger, die täglich von über einer Milliarde Menschen genutzt werden. Unternehmen wie Uber, Zalando, British Airways, Nike oder die Deutsche Bank experimentieren mit Chatbots, die die zahllosen Apps überflüssig machen und das Online-Geschäft per Smartphone automatisieren und damit revolutionieren sollen.
Datenbanken und grobes Regelwerk begrenzen Einsatzfähigkeit
Doch die anfängliche Euphorie über die automatisierten Verkäufer und Kundenberater hat sich mittlerweile gelegt. Denn Chatbots agieren überwiegend auf Basis von Datenbanken. Eingehende Anfragen werden nach vorgefertigten Regeln zerlegt, interpretiert und über Erkennungsmuster angepasst beantwortet. Je besser die Datenbank und die Analyseregeln, desto aussagekräftiger ist die Antwort.
Lernende Chatbots sind noch selten und nicht unproblematisch
Chatbots sind aber zumeist keine ‚intelligenten‘ lernenden Programme, weshalb die Qualität der Ergebnisse überschaubar bleibt. Daran ändert auch zunehmend eingesetzte Sprachsteuerung nichts, im Gegenteil, sie offenbart umso deutlicher, dass eine ‚Unterhaltung‘ mit einem Chatbot kaum möglich ist.
Ein selbstlernender Chatbot, wie der Twitter-Bot von Microsoft, wurde andererseits bereits von Rechtsextremisten missbraucht, die ihn mit einschlägigen Daten fütterten.
Blockchain-Technologie soll Vertrauen in Chatbots stärken
Die Verlässlichkeit der Chatbots liegt immer in der Verantwortung ihrer Betreiber. Wenn ein Bot falsche Auskünfte gibt oder seine Antworten zu einem Schaden führen, haftet der Betreiber des Bots. Da es hierbei um persönliche Kunden- und Bankdaten gehen kann, scheuen viele Nutzer Geschäfte mit noch unausgereiften Chatbots. Durch Blockchain-Technologie soll dieses Vertrauen aufgebaut werden: Die Distributed Leger Technology/DLT zeigt durch einen Tracker, wie viele Transaktionen tatsächlich getätigt und von Mitgliedern eines Registers bestätigt wurden. Das resultierende Trust-Rating zeigt, ob es sich um einen vertrauenswürdigen Bot handelt. Wird mit ihm ein weiteres Geschäft getätigt, erscheint dies im nächsten Rating. Auch Blockchains, die ein Geschäft versichern, wurden von Traity oder Deloitte bereits entwickelt.
In Deutschland sind Chatbots nicht populär
Auch das Natural Language Processing/NLP wird zwar zunehmend besser, doch die häufig verwendeten Module der Bot-Baukästen erlauben bisher kaum individuelle Lösungen. Wo die Datenbasis und deren Auswertung detailliert ausgearbeitet ist, können Chatbots wie etwa bei Kayak auch Aufträge eigenständig beantworten. Bei komplizierteren Anfragen verweist das Reisebuchungssystem auf einen menschlichen Mitarbeiter. In Deutschland ist die Chatbot-Nachfrage aber noch gering. Ähnliche Erfahrungen hat die Bild-Zeitung. Einfache Facebook-Messenger-Anfragen werden von Bots beantwortet, doch die Reichweite ist noch gering. Mittlerweile experimentiert Bild mit Slack-Bots, die auf über- oder unterdurchschnittliche Bewertungen und Interessen hinweisen.
Voicebots machen Chatbots Konkurrenz
Mittlerweile haben Chatbots durch Voicebots wie Siri oder Echo/Alexa Konkurrenz bekommen. Auch sie greifen auf Datenbanken der Hersteller oder von Drittanbietern zurück. Die Sprache wird dabei zunehmend besser, das qualitative Leistungsangebot wächst allerdings nicht in der gleichen Geschwindigkeit. Die erste Euphorie über Chatbots ist mittlerweile der oft noch steinigen Praxis gewichen. Doch es ist zu erwarten, dass Chatbots künftig, etwa mit Echtzeit-Cloud-Lösungen oder interaktiv lernender Technologie, weitere Funktionen im E-Commerce übernehmen.