Facebook: Der First Mover als Gatekeeper?
Freitag, 27. Mai 2016Als Facebook Anfang 2004 das Licht der Welt erblickte, präsentierte sich das soziale Netzwerk als einmalige Möglichkeit, mit Menschen in Kontakt zu treten und Inhalte zu teilen. Seitdem ist über eine Dekade rasanter Vernetzung vergangen. Doch der Hype um das globale Zusammenwachsen via permanentem Breitband zeitigt auch immer wieder Vorwürfe gegen das US-Unternehmen. Inhalte seien zu einseitig gefiltert und verzerrten so die Wirklichkeitswahrnehmung vieler User – eine echte Herausforderung für Social SEO.
Die Mär der Eliten?
Als Gatekeeper wird eine Person oder Personengruppe bezeichnet, die ob ihrer herausragenden gesellschaftlichen Reputation und/oder außergewöhnlichen Fähigkeiten eine tragende Rolle in der demografischen Entwicklung einer Gesellschaft spielt. Neben der soziologischen Dimension des Begriffs verweist seine Verwendung in der Publizistik auf die häufig heterogenen Einflussfaktoren während der Themenzusammenstellung der Nachrichtendienste. Den Gatekeeper umgibt eine beinah mystische Aura, eine Mischung aus anerkennender und paranoider Ehrfurcht vor den Eliten an den Stellschrauben der Macht. Die individuellen Freiheiten im Netz zerstreuen zwar angestaubte Akkumulationen, können aber etablierte Meinungsmacher nicht ignorieren.
Die Wirklichkeit: der Elefant im Raum
Mit über 1,6 Mrd. aktiven Nutzern ist Facebook, mittlerweile die graue Eminenz der Sozialen Netzwerke, der Meinungsmacher im Internet schlechthin. Facebook bedient seine Nutzer seit Anbeginn regelmäßig mit Neuerungen und Erweiterungen und behauptet damit seinen Vorteil als arrivierter First Mover und Platzhirsch unter aufstrebenden Plattformen. Wer in Sachen Social Media konkurrieren will, kommt an der Konfrontation mit Facebook nicht vorbei. Vor allem bei den inzwischen herangewachsenen und kaufkräftigen Millennials avanciert das Netzwerk laut einer Studie des Pew Research Center, einem Washingtoner Meinungsforschungsinstitut, zur bevorzugten Nachrichtenquelle.
Macht der Auslassung
Naturgemäß ruft dieser Trend Kritiker auf den Plan. Wie Zeit Online jüngst unter Berufung auf das Onlineportal Gizmodo berichtete, nimmt es Facebook mit der politischen Neutralität ihrer ausgewählten Trending Topics nicht so genau. Die bereits vor zwei Jahren in den Staaten eingeführten Trendlisten bilden aktuelle und tagespolitische Themen auf Basis der Gefällt mir-Markierungen der User ab. So zumindest die Theorie. Denn in den USA steht Facebook in Verdacht Nachrichten mit konservativem Inhalt gegenüber eher liberal anmutenden zu marginalisieren. Auch bei der Verlinkung zu anderen Nachrichtenseiten würden liberale Blätter den konservativen vorgezogen.
Informationsflut und Verantwortung
Objektiv betrachtet verzerren gezielte Auslassungen das Weltgeschehen. Anderseits sollte man die Kirche im Dorf lassen. Jeden Tag überschwemmt eine schier überwältigende Informationsflut die Nachrichtenagenturen weltweit, und was wir hierzulande zu sehen bekommen, ist häufig kaum mehr als eine Dauerschleife aus politisch konsentierter Agenda und regionalen Grotesken. Daher liegt es nahe, dass jeder Informationsdienstleister unter Berücksichtigung vertrauenswürdiger Quellen und evidenter Interessenlagen selektiv arbeitet.
Social Signals
Ein offenes Geheimnis des anhaltenden Erfolgs von Facebook ist die Exploration der Interessen der Nutzer. Schafft es Facebook ähnlich wie Twitter seine Trendlisten zu etablieren, ohne Authentizität einzubüßen, könnte den sogenannten Social Signals (Likes, Shares, etc.) eine immer dichtere, inhaltliche Komponente angedeihen und somit präzisere Auskünfte über die Interaktionen der Netzbesucher geben. Eine wahres Eldorado für SEO.
Fazit
Die Vormachtstellung des Internet-Giganten wird auch in Zukunft Raum für Spekulation offen halten. Interessant ist, inwieweit sich Politik und Gesellschaft dazu veranlasst fühlen, eine differenzierte Nutzung zu kultivieren. Für SEO Spezialisten jedenfalls bergen beide Entwicklungen überwältigende Ressourcen – wenigstens indiziell. In Teil 2 dieser Blog-Reihe werden die Auswirkungen des Gatekeeper- Phänomens auf die Suchmaschinenoptimierung in den Blick genommen.
Zum Vorwurf der Meinungsmache:
http://www.zeit.de/digital/internet/2016-05/facebook-trending-topics-filter-konservative-inhalte